Die Ukrainer auf dem Weg zur Sprachnation
Додано: Сер лютого 15, 2012 4:36 pm
Die Ukraine. Prozesse der Nationsbildung. Köln, Weimar, Wien^ Böhlau, 2011.
Україна. Процеси націотворення/ Упор. Андреас Каппелер; перекл. з нім. – К.: К.І.С., 2011. — 416 с.
Michael Moser
Die Ukrainer auf dem Weg zur Sprachnation: Kritische Anmerkungen zur ukrainistischen Sprachhistoriographie
Im Geist Johann Gottfried Herders betrachteten die Protagonisten der europäischen Nationsbildungen im 19. Jahrhundert die Pflege der Nationalsprachen als eines ihrer vorrangigsten Anliegen. Mehr noch: Sie definierten die Nationen, die ja im Übrigen von der modernen Nationsforschung immer deutlicher als diskursiv konstruierte Gemeinschaften beschrieben werden,1 vor allem über ihre Sprachen.2 Nicht nur Nationen, auch moderne Nationalsprachen entwickeln sich freilich nicht „natürlich“, sondern wurden und werden bewusst geplant. In ganz besonderem Maß gilt dies in- nerhalb von Sprachfamilien, die so genannte Dialektkontinuen bilden, so auch im Fall der slavischen Sprachen: Mit rein sprachlichen Argumenten kann nicht erklärt werden, warum es auf dem Areal eines solchen Dialektkontinuums gerade die „Spra- chen“ X und Y gibt und warum sie gerade auf den Gebieten A und B im Gebrauch stehen. Ebenso wenig kann auf rein innersprachlicher Grundlage erklärt werden, wa- rum die zwischen den beiden „Sprachen“ X und Y liegenden Idiome (innerhalb eines echten Dialektkontinuums müssen diese per definitionem Übergangscharakter ha- ben) nicht selbst „Sprachen“ sind, sondern als „Dialekte“ der „Sprachen“ X und Y gelten. Auch die Ausbildung der modernen slavischen Standardsprachen erfolgte keineswegs auf rein sprachlicher Grundlage, sondern im Zuge der modernen Natio- nalbewegungen, welche sich gerade in Zentral- und Zentralosteuropa stark auf die Sprachenfrage konzentrierten.
Trotz des offensichtlichen Zusammenhangs eröffnen die vorliegenden Arbeiten zur Sprachgeschichte nicht nur im Bereich der Ukrainistik kaum Bezüge zu den Er- gebnissen der modernen Nationsbildungsforschung. Sie stützen sich zumeist viel- mehr auf teleologische und eklektische Meisternarrative, deren Ursprünge in den Na- tionalphilologien des 19. Jahrhunderts liegen. Grundlegende Quellen der Sprach- geschichte werden so marginalisiert oder bleiben unberücksichtigt, sofern sie das Bild einer linear konstruierten Entwicklung hin zur modernen Standardsprache stören. Selbst innerhalb dieses reduzierten Spektrums bleiben große Segmente weitgehend ohne Beachtung; im Mittelpunkt steht zumeist die Sprache ausgewählter belletristi- scher Literatur.
Bedauerlich sind diese Teleologie und dieser Eklektizismus auch deswegen, weil die ukrainische Nationsbildung ebenso wie die Ausbildung der Schriftsprache da- durch besonders interessant sind, dass sie in unterschiedlichen staatlichen Gebilden stattfanden und dort im Wettbewerb mit jeweils anderen Projekten der Nations- und Schriftsprachenformierung standen. Auch im ukrainischen Fall waren Nations- und Sprachenausbildung ohne Zweifel als Emanzipationsprojekte gegenüber traditionell dominanten Gruppen zu verstehen: Im Staatsverband Österreichs bzw. (ab 1867) Österreich-Ungarns im Westen vor allem gegenüber den nah verwandten Polen und im Südwesten vor allem gegenüber den Ungarn, im Zarenreich vor allem gegenüber den nah verwandten Russen. Keine der drei genannten dominanten Gruppen hatte im 19. Jahrhundert ihre eigene Nationsbildung abgeschlossen, keine der Sprachen dieser „historischen Nationen“ war am Beginn des 19. Jahrhunderts wirklich als mo- derne kodifizierte Standardsprache breiter Bevölkerungsschichten etabliert.
Ein Universitätslehrbuch als Spiegel des Status quo
Als derzeit wohl einflussreichste Arbeit zur Geschichte der ukrainischen Schriftsprache ist die als ukrainisches Universitätslehrbuch approbierte Monographie von Vitalij Rusanivs’kyj mit dem Titel „Geschichte der ukrainischen Sprache“ (Istorija ukrajins’koji movy)3 zu nennen, die sich zwar von den sowjetischen Arbeiten durch die Be- reinigung der sowjetischen Klassenkampfrhetorik und die Berücksichtigung einzelner Beiträge der ukrainischen Emigration unterscheidet, allerdings weiterhin grundlegen- de Schemata aus ihnen übernimmt.4 Das für die Bildung der modernen Nation und Sprache entscheidende 19. Jahrhundert wird in diesem Buch in vier Kapiteln erfasst, die im Folgenden kritisch betrachtet werden sollen. Besprochen werden nur jene Punkte, die für den gegenwärtigen Stand der synthetischen ukrainistischen Sprach- historiographie symptomatisch erscheinen.5
Die ukrainische Sprache als Instrument der Wiederbelebung des nationalen Bewusstseins6
Rusanivs’kyjs Darstellung wird von Mitteilungen über die Sprache der Schriftsteller Ivan Kotljarevs’kyj, Hryhorij Kvitka-Osnov”janenko und Jevhen Hrebinka mit einem starken Akzent auf der volkssprachlichen Lexik und den dialektalen Merkmalen beherrscht. Zaghafte Versuche, die Arbeit der Schriftsteller in einen Bezug zur Nations- bildung zu stellen, überzeugen nicht: So wird festgestellt, dass Kotljarevs’kyjs Enejida die Triade „Orthodoxie, Autokratie und Nationalität“ (S. 153) in Frage gestellt habe, obgleich Unterrichtsminister Sergej Uvarov diese Formel erst im Jahr 1833 in den russischen imperialen Diskurs einführte. Es wird zwar angemerkt, dass sich Kvitka nicht zum Ziel gesetzt habe, die Sprache zum „allseitigen Mittel der Entwicklung des Volks zu erheben“, sondern „durch das künstlerische Wort die Seele im Menschen habe wecken wollen“ (S. 161), und es wird erwähnt, dass Jevhen Hrebinka keine Pro- sa in ukrainischer Sprache vorlegte (ebd.) sowie dass seine Übersetzung von Puškins Poltava aus dem Jahr 1835 einen burlesken Charakter aufwies. Schlüsse werden daraus allerdings nicht gezogen. Schließlich wird auch das Werk der Romantiker fast aus- schließlich im Hinblick auf seine volkssprachliche und historisierende Lexik unter- sucht,7 während der Bezug des Sprachausbaus zur Nationsbildung ganz unklar bleibt: Die Problematik der zunächst weitgehend ausgebliebenen Modernisierung und Intel- lektualisierung des Ukrainischen im Zarenreich sowie der mit ihr verbundenen ukrai- nisch-russischen, ukrainisch-polnischen u. a. Mehrsprachigkeit wird kaum fassbar,8 der Bezug der schriftsprachlichen Varietäten zu älteren Traditionen wird nicht über- zeugend diskutiert. Weitgehend offen bleibt auch die zentrale Problematik, welchen Status und welches Prestige die Zeitgenossen dem Ukrainischen zuschrieben. Zwar wird auf das in verschiedenen Gedichten anzutreffende Bekenntnis zur Eigen- ständigkeit der ukrainischen Sprache hingewiesen, doch argumentativ geprägte Illust- rationen bleiben im Hintergrund. Elementare Fragen des mental mapping der sprach- lichen Erneuerer bleiben ausgeblendet, auch im Hinblick auf ihre Vision des Über- dachungspotenzials der von ihnen gewünschten Nationalsprache. So erfährt man denn auch nichts darüber, inwiefern die „Ruthenen“ in Österreich und die „Kleinrussen“ in Russland einander wahrnahmen und dies in ihren sprachlichen Konzepti- onen zum Ausdruck brachten oder inwiefern sie sich überhaupt als ein gemeinsames „Sprachvolk“ betrachteten. Die Vertreter zahlreicher Regionen, so auch die transkarpatischen Ruthenen kommen in diesen Abschnitten gar nicht vor. Dass die galizi- schen sprachlichen Erneuerer, aber auch die Ukrainer noch teilweise bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts die Weißrussen als Bestandteil des „ruthenischen oder kleinrussischen“ Sprachvolks wahrnahmen, bleibt unerwähnt.
Besonders auffällig ist, dass der gewichtige galizische Anteil in diesem Diskurs kaum thematisiert wird. Zitiert werden fünf Verszeilen mit einem Sprachlob aus der Rusalka Dnistrovaja9, nicht aber das viel aussagekräftigere Vorwort. Über den Przemyśler Kirchenmann Ivan Mohyl’nyc’kyj, der in den 1820er Jahren eine bedeutsame wissenschaftliche Argumentation für die Selbstständigkeit des „Ruthenischen“ ge- genüber dem Polnischen, Russischen und Kirchenslavischen vorlegte, liest man in anderem Zusammenhang einen einzigen, nicht ganz richtig formulierten Satz (S. 225).
Probleme der „Korpusplanung“ kommen zu kurz (S. 168). Weil die Frühzeit der modernen ukrainischen Standardsprache dargestellt werden soll, werden die tatsächlichen Abweichungen von der modernen Standardnorm häufig verwischt. Von der tatsächlichen Orthographie der kanonisierten Vorromantiker und Romantiker, die man in der Regel nur noch aus modernen standardisierten Ausgaben kennt, gewinnt man keinen realistischen Eindruck. In der Vergangenheit diskutierte Alternativen in der Alphabetfrage werden kaum zur Sprache gebracht. Zwar findet sich ein verein- zelter Hinweis auf den Vorschlag Josyf Lozyns’kyjs, das Ukrainische im lateinischen Alphabet zu verschriften (im Zusammenhang mit dem so genannten „Ersten Alpha- betkrieg“ aus dem Jahr 1834) (S. 168), doch alternative Entwicklungsstränge wie die- se werden nicht weiter erörtert, obwohl das lateinschriftliche Korpus in ukrainischer Sprache auch im 19. Jahrhundert alles andere als ein marginales Kuriosum darstellt. Die kodifikatorische Relevanz der erwähnten Grammatiken und Wörterbücher wird faktisch nicht besprochen, was etwa auch für die im Jahr 1818 in St. Petersburg ge- druckte Grammatik von Oleksander Pavlovs’kyj gilt, die kaum irgendein kodifikatori- sches Potenzial aufwies. Über die wichtigen gedruckten Grammatiken aus Galizien liest man an dieser Stelle kein Wort.10
Was die funktionalen Domänen oder Sprachgebrauchsbereiche des Ukrainischen betrifft, so findet man einen Hinweis auf den damit in Verbindung stehenden Sachverhalt, dass die meisten Funktionalstile für das Ukrainische noch nicht entwickelt waren (S. 168–169). Unerwähnt bleibt jedoch, dass die Verwendung ukrainischer schriftsprachlicher Varietäten in Galizien bereits bis zu den Revolutionsjahren 1848/49 in ein außerordentlich breites Spektrum von Sprachgebrauchsbereichen und Genera vorgedrungen war. Man nimmt diese galizischen schriftsprachlichen Varietä- ten jedoch nicht ganz ernst, da sie zum Teil beträchtlich von der modernen ukraini- schen Standardsprache abweichen. Dass aber diese oft generell als jazyčije11 stigmati- sierten schriftsprachlichen Varietäten nicht mit der modernen ukrainischen Standardsprache übereinstimmen, unterscheidet sie in keiner grundsätzlichen Weise von ande- ren Schrifterzeugnissen ihrer Zeit. Dass die Abweichungen vergleichsweise groß wa- ren, ergibt sich zum einen aus der dialektalen Situation und zum anderen gerade aus der Tatsache, dass die galizischen Ruthenen ihre sprachliche Erneuerung in einem anderen Umfeld sowie in weitaus differenzierteren Sprachgebrauchsbereichen und Genera verwirklichten als jene „Kleinrussen“, mit denen sie sich stets als ein gemein- sames Sprachvolk identifizierten.
Die Galizier schrieben und druckten zwischen 1772 und 1848/9 nicht so sehr Burlesken oder sentimentale Erzählungen aus dem ländlichen Bereich, in denen der schriftliche Gebrauch einer dialektal basierten ukrainischen Volkssprache verhältnismäßig wenig Schwierigkeiten eröffnete, da man sich dort weitgehend an der vitalen Sprache der Landbevölkerung orientieren konnte. Sie verfassten vorwiegend andere Texte wie Universitätslehrbücher, Grammatiken und wissenschaftliche Abhandlun- gen, Übersetzungen von Bibeltexten, Panegyriken für geistliche und weltliche Wür- denträger, Fibeln für den Unterricht der Mutter- und der Kirchensprache, Lehrbü- cher für Grundrechnungsarten, Katechismen, Predigten und Hirtenbriefe. Schon bis in das Jahr 1848/9 schrieben sie außerdem Gesetzestexte, politische Reden und Streitschriften sowie Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträge unterschiedlicher Art „auf Ruthenisch“, bereits in den Revolutionsjahren begann die Arbeit an den ersten Wör- terbüchern zur „juridischpolitischen“ Terminologie. Im mündlichen Bereich erklan- gen – neben den traditionellen Predigten – politische Reden ebenso wie wissen- schaftliche Vorträge. Das Textsortenspektrum der galizisch-ruthenischen Sprachva- rietäten war also bereits im Wesentlichen so stark ausdifferenziert, wie es die nationa- len Programme des Völkerfrühlings vorsahen.
Für viele Funktionsbereiche musste jedoch das Ruthenische erst entsprechend ausgebaut werden, und so ist es nicht verwunderlich, dass die Galizier in dieser Situation auch Wege gingen, von denen sie später wieder abkamen. Zu Unrecht wird ihnen dies auch in der sprachwissenschaftlichen Fachliteratur immer wieder mit Ver- weis auf die Situation im Zarenreich vorgehalten: Dort nämlich gab es zunächst noch überhaupt keine Entwicklung, die zu einem auch nur annähernd vergleichbaren Spektrum ukrainischer Sprachgebrauchsbereiche geführt hätte.12 Man schrieb dort in den meisten Fällen auf Russisch, so wie die Galizier auch auf Polnisch oder auf Deutsch hätten schreiben können (was sie ja auch häufig taten). Übersehen wird zumeist auch Folgendes: Schrieben die Galizier – bereits bis 1848/9 – über Themen aus dem ländlichen Erfahrungsbereich – etwa folkloristisch stilisierte Gedichte, Ab- handlungen über die Folklore oder landwirtschaftliche Ratgeber –, so waren auch ih- re Texte in der Regel ganz volkssprachlich ausgerichtet und dabei dennoch vor allem in der Orthographie von einem Bemühen um dialektalen Ausgleich geprägt.
Taras Ševčenko – Reformer der ukrainischen Literatursprache13
In diesem Abschnitt wird betont, dass die Sprache des ukrainischen Nationaldichters
„auf das gesamte ukrainische Sprachareal und den gesamten ukrainischen Raum“ ausgerichtet gewesen sei (S. 172–175). Die Behauptung, er habe Merkmale von geringer dialektaler Reichweite vermieden, wird jedoch nur unzureichend belegt, und so ist die Gefahr eines Zirkelschlusses aufrecht: Wenn Ševčenkos Sprache zur Grundla- ge der modernen ukrainischen Standardsprache gemacht wurde, ist die hohe (im Üb- rigen nicht vollständige) Übereinstimmung zwischen diesen Varietäten wenig ver- wunderlich. Zahlreiche grundlegende Fragen zur Sprachwelt Taras Ševčenkos bleiben ungestellt. Nicht erörtert wird etwa, warum Ševčenko faktisch alle Prosatexte auf Russisch verfasste und sein ukrainischsprachiges Werk nur wenige Genres erfasste. Ševčenkos Sprachverhalten als Briefschreiber und sein Gebrauch von Russismen im Allgemeinen werden ebenfalls nur unzureichend erfasst (vgl. S. 204-208).14
Heißt es danach, dass sich bereits zu Ševčenkos Lebzeiten die ukrainische Presse entwickelt habe, so werden als Belege dafür vor allem literarische Werke und folkloristische Aufzeichnungen geltend gemacht, die in meist vorwiegend russischsprachi- gen Almanachen, Zeitschriften und Zeitungen abgedruckt wurden (S. 203-204). Die Existenz einer ukrainischsprachigen Publizistik im eigentlichen Sinn belegen diese Texte jedoch sicherlich nicht.15 Ein überzeugenderes Indiz, die freilich nur in zwei unvollständigen Jahrgängen herausgegebene Zeitschrift Osnova (in der sich allerdings auch zahlreiche russischsprachige Texte finden), bleibt ungenannt (S. 203-204).16 So stark bleibt die Fokussierung auf die Belletristik, dass selbst Ševčenkos außer- ordentliche sprachliche Wirkkraft zunächst fast ausschließlich auf die ukrainischen Literaten der nachfolgenden Generationen bezogen wird.
Die Erweiterung der funktionalen Grenzen des Ukrainischen17
Die Überschrift des nachfolgenden Kapitels weckt Hoffnungen auf neue Akzente, doch es setzt mit einer Erörterung des Valuev-Zirkulars von 1863 und des Emser Erlasses von 1876 ein, in denen der Druck ukrainischsprachiger Schriften weitgehend eingeschränkt wurde. Man erfährt allerdings fast nichts über die Voraussetzungen und den Gehalt der beiden Erlässe. Als Beleg dafür, dass das Zirkular von 1863 zu- nächst „nur in weicher Form“ gewirkt habe (S. 223), wird das Erscheinen einer Reihe literarischer Werke genannt – obwohl das Zirkular die Belletristik noch ausdrücklich vom Verbot ausnahm. Das auslösende Moment des Valuev-Zirkulars, die der Zensur vorgelegte Evangelienübersetzung von Pylyp Moračevs’kyj, wird hingegen überhaupt nicht erwähnt.
Ist von der Periode nach den Spracherlässen der Jahre 1863 und 1876 die Rede, wird die Rolle Galiziens als Piemont endlich doch geradezu zwangsläufig apostrophiert.18 Zur sprachlichen Erneuerung in Galizien heißt es zunächst, dass die Westukraine bis in die 30er Jahre des 19. Jahrhunderts „in kultureller Beziehung geschlafen“ habe, danach ist von der Rusalka Dnistrovaja sowie nach einem allzu großzügigen Zeitensprung von den ersten Zeitungen der narodovci19 aus den frühen 1860er Jahren die Rede (S. 224–227). Man erfährt, dass seit dieser Zeit die ukrainische Spra- che in Galizien nicht mehr nur für die schöne Literatur, sondern auch als „Mittel der allseitigen Entwicklung der Wissenschaft und Kultur“ ausgebaut worden sei (S. 226). Die eigentlich galizischen Belege werden jedoch selbst jetzt noch kaum beigebracht, und die Darstellung erscheint in einem teilweise verfälschten Licht, wenn man sich daran erinnert, dass dieselbe Situation in Galizien schon seit der Zeit um 1848/9 vorweggenommen worden war. Neu war jedoch nun in den 1860er Jahren in sprach- geschichtlicher Hinsicht vor allem die weitgehende Übernahme der von Taras Ševčenko und Pantelejmon Kuliš geprägten, nicht galizisch basierten Sprachnormen, neu war außerdem die verstärkte Distanzierung vom Russischen sowie vom Kirchen- slavischen. Beide Prozesse werden in der Darstellung kaum angesprochen, sondern als gleichsam selbstverständlich vorausgesetzt.
Transnationale Gesichtspunkte bleiben ebenfalls weitgehend ausgeblendet. Die galizischen Russophilen etwa werden auch in der vorliegenden Monographie kurz und kategorisch als Gegenspieler der Volkstümler abgetan. Ihre Sprachideologie wird nicht thematisiert, und selbst ihr keineswegs unwesentlicher Beitrag für das ruthenischsprachige Schrifttum auf volkssprachlicher Grundlage im Bereich der volks- tümlichen Literatur kommt nicht zur Sprache.
Insgesamt bleiben die galizischen Verhältnisse weitgehend im Dunkeln:
– Zwar erfährt man nun in wenig passendem Kontext u. a. von einigen galizischen Grammatiken20 sowie von ausgewählten galizischen Schullehrbüchern aus den 1860er und 1870er Jahren, die der Autor in einen zu großzügigen Bezug zur Ter- minologiearbeit Ivan Verchrats’kyjs setzt (S. 228). Was aber die Schulbücher für die Verbreitung ukrainischer Sprachnormen geleistet haben könnten, wird nicht diskutiert, so wie auch sonst die Aspekte der Spracherwerbsplanung (acquisition planning) zu kurz kommen. Ist von neuen ukrainischen Termini aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Rede, so wird ausschließlich Material von Autoren aus dem Zarenreich angeführt (S. 232–233).
– Die intensiven Orthographiediskussionen der Zeit (graphization) werden in einem einzigen Absatz auf die Vorschläge von Mychajlo Maksymovyč, Pantelejmon Kuliš, Mykola Hatcuk sowie Mychajlo Drahomanov reduziert. Über folgenreiche ga- lizische Beiträge wie jenen von Jevhen Želechivs’kyj erfährt man hier nichts; er- wähnt wird lediglich die Stellungnahme des „Altruthenen“ Mychajlo Malynovs’kyj gegen die so genannte „phonetische“ Rechtschreibung (S. 229–230), dabei wird weiterhin fälschlich suggeriert, dass ein Gebrauch der etymologischen Recht- schreibung gleichsam folgerichtig ein Abgehen von der Volkssprache nach sich gezogen habe. Nach dem Jahr 1834 vorgelegte Konzepte und Proben einer Verschriftung des Ukrainischen im lateinischen Alphabet bleiben ebenfalls unberücksichtigt.
– Während der Fokus der Darstellung von dem als rückständig beschriebenen Galizien eigentlich abgewandt wird, findet man eine Auflistung von sechs ukrainischen mehrsprachigen Wörterbüchern des späten 19. und beginnenden 20. Jahr- hunderts (S. 231–232). Dann heißt es, dass „die Entwicklung des grammatischen Gedankens und der Lexikographie in der östlichen Ukraine auf die Erweckung der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit für das Ukrainische in Galizien und in der transkarpatischen Ukraine Einfluss genommen“ habe (S. 232). Wer es nicht weiß, würde nicht ahnen, dass von den genannten sechs Wörterbüchern drei be- sonders umfangreiche und wichtige aus den angeblich so rückständigen Regionen Galizien und Transkarpatien stammen (das deutsch-ukrainische Wörterbuch Omeljan Partyc’kyjs aus dem Jahr 1867, das ukrainisch-ungarische Wörterbuch von László Csopey aus dem Jahr 1883, das ukrainisch-deutsche Wörterbuch Jev- hen Želechivs’kyjs und Sofron Nedil’s’kyjs aus dem Jahr 1886).
– Ist von „wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Arbeiten“ in ukrainischer Sprache die Rede (S. 232), so wird dem Leser neben Mychajlo Drahomanov ausschließlich der vorwiegend populär und publizistisch ausgerichtete Ivan Nečuj- Levyc’kyj als Vertreter des Genres genannt (S. 232); erst später wird knapp die Rolle der Ševčenko-Gesellschaft erwähnt (S. 245).
– Auf das Eindringen von galizischem Wortgut in die Sprache der Zentral und Ost- ukrainer wird hingewiesen (S. 245). Angeführt werden jedoch zunächst fast ausschließlich Lexeme, die dem modernen Standardukrainischen fremd sind, wäh- rend erst danach in einer Darstellung der Diskussion über Borys Hrinčenkos anti- galizischen Artikel „Galizische Gedichte“ (Halyc’ki virši) aus dem Jahr 1891 einige Wörter des modernen Standardukrainischen begegnen, die oft als galizisch be- trachtet werden (S. 247–248). Durchaus mit Recht wird betont, dass an der Schaf- fung dieser Lexeme nicht nur Galizier, sondern auch „Dniproukrainer“ beteiligt gewesen seien, „vor allem“ Mychajlo Hruševs’kyj (S. 247). Man gewinnt dennoch den Eindruck, dass in einer Fortsetzung der sowjetischen Vorgaben die Rolle Ga- liziens insgesamt möglichst gering gehalten werden sollte.
– Selbst Ivan Frankos Beitrag wird zunächst lediglich in einem einzigen Absatz skizziert. Eingangs wird sein Gebrauch galizischer Dialektismen und sein ursprüngliches Beharren auf der Legitimität der galizischen Normen verurteilt, dann seine schrittweise Annäherung an das Dniproukrainische geradezu als ein Prozess der Läuterung beschrieben: Franko habe schließlich „verstanden, dass ohne die Beherrschung der Sprache Kotljarevs’kyjs und Ševčenkos kein Schriftsteller in die neue ukrainische Literatur Eingang finden werde“ (S. 252). Wenig später liest man freilich, dass sich Franko noch im Jahr 1905 für den galizischen Anteil am Ausbau der modernen ukrainischen Standardsprache aussprach (S. 265).21 Als jene Per- son, die am meisten für die Erweiterung des in ukrainischer Sprache bedienten Genrespektrums geleistet habe, wird – vielleicht nicht zu Unrecht – der in Sow- jetzeiten noch geächtete Pantelejmon Kuliš gewürdigt.22 Ivan Frankos nicht min- der beeindruckende Vielseitigkeit als ukrainischsprachiger (und mehrsprachiger) Prosaiker und Lyriker, aber auch als Publizist und als vielseitiger Geisteswissen- schafter kommt hingegen kaum zur Geltung.
Insgesamt bleibt die Formel von Galizien als ukrainischem Piemont somit letztlich merkwürdig inhaltsarm.
Auch der alles erdrückende Akzent auf der Belletristik bleibt selbst im Kapitel über die „Erweiterung der funktionalen Grenzen des Ukrainischen“ aufrecht. Als größte sprachgeschichtliche Leistung Pantelejmon Kulišs wird sein historischer Ro- man „Čorna Rada“ gewürdigt; von seiner in rein sprachgeschichtlicher Hinsicht si- cherlich nicht minder interessanten Übersetzung des Manifests über die Bauern- befreiung aus dem Jahr 1861 ist hingegen nirgends die Rede. Weiterhin geht es im übrigen Kapitel um Literaten wie Marko Vovčok, Leonid Hlibov, Ivan Nečuj- Levyc’kyj, Oleksa Storoženko, Mychajlo Stavyc’kyj, Anatolij Svydnyc’kyj, Panas Myr- nyj u. a., weiterhin wird besonderes Augenmerk auf prononciert volkssprachliche, folkloristische und „alltagssprachliche“ Elemente in deren Werken gelegt (vgl. S. 236, 238 u. a.).23
An der Jahrhundertwende24
Zunächst werden mit Recht die Erleichterung der Zensurbestimmungen für das Uk rainische im Jahr 1905 sowie das Erscheinen von Borys Hrinčenkos vierbändigem Wörterbuch in den Jahren 1907-1909 betont (S. 254), doch die anschließende Besprechung der vermeintlich neuen abstrakten Lexik der Jahrhundertwende ist wenig systematisch und in zahlreichen Fällen anachronistisch. Es wird nicht deutlich, wel- che Voraussetzungen der Ausarbeitung dieser Lexik zugrunde liegen, und es wird nicht gezeigt, dass sich die Modernisierungsbemühungen nicht auf den Bereich der Lexik beschränken konnten. Die lebhaften Sprachendiskussionen der Jahrhundert- wende werden auf sehr knappem Raum so abgehandelt (S. 265-266), als ob sich alle Ergebnisse ohnedies von selbst verstanden hätten. Erneut steht vor allem die Spra- che der Belletristik im Mittelpunkt. Die Gründe für die eigentlich richtige Feststel- lung, dass die Jahrhundertwende eine „sehr fruchtbare Periode in der Entwicklung der ukrainischen Literatursprache“ war, bleiben somit letztlich ganz unklar.25
Standardsprachen- und Nationsbildung aus einem alternativen Blickwinkel
An ein Handbuch zur gesamten Geschichte der ukrainischen Schriftsprache wie das hier besprochene kann sicherlich kein Anspruch auf Vollständigkeit gestellt werden, doch geht es hier nicht nur um Fragen der Auswahl und der Akzentuierung, sondern um grundlegende Fragen der Methodik, die, wie erwähnt, keineswegs nur dieses Buch und im Übrigen auch keineswegs nur die ukrainistische Sprachhistoriographie betreffen.
Einer der schwerwiegendsten Mängel der synthetischen Darstellungen der ukrainischen Sprachgeschichte rührt daher, dass sie dazu neigen, den in den slavischsprachigen Ländern vorherrschenden Ausdruck „Literatursprache“ (ukr. literaturna mova) vor allem mit Bezug auf das 19. Jahrhundert weitgehend als „Sprache der Literatur“ zu interpretieren. Sie perpetuieren damit einen weitgehend nach literarischen Kriterien etablierten Kanon und stellen dann häufig selbst innerhalb dieses einge- schränkten Bereichs kaum weiterführende Fragen nach der tatsächlichen sprach- geschichtlichen Relevanz dieser Werke und ihrer Einbettung in das Sprachleben der Zeit. Die Bedeutung der schönen Literatur wird tendenziell gegenüber anderen Do- mänen deutlich überbewertet.
Die künftige ukrainistische Sprachhistoriographie wird stärker zu berücksichtigen haben, dass sich ihr Aufgabengebiet auf ein bedeutend weiteres Feld erstreckt. Insbesondere mit Bezug auf das 19. und 20. Jahrhundert hat sie nicht nur die in das Meisternarrativ eingeschlossenen Sprachexempel, sondern sämtliche vorliegenden Sprachvarietäten daran zu messen, in welcher Weise sie sich auf den Begriff der modernen Standardsprache beziehen lassen, wie er im Gefolge der Prager Schule defi- niert wurde. Dieser Katalog von Merkmalen ist in diesem Zusammenhang im Übri- gen umso passender, als er keine Gefahren eines theoretischen Glasperlenspiels birgt, da er sich letztlich als ein Spiegelbild jener Forderungen und Leistungen lesen lässt, die von den Protagonisten der Nationalbewegung im 19. Jahrhundert selbst immer wieder erhoben und erbracht wurden, während sie um die Etablierung ihrer Sprachen kämpften. Sinnvoll aber wird dieser Katalog vor allem dann, wenn man ihn – die Prager Schule modifizierend – unter prototypischen Gesichtspunkten betrachtet, denn letztlich sind faktisch niemals alle Kriterien des Katalogs vollständig erfüllt. Hieraus ergibt sich auch, dass die Abgrenzung von (Noch-)Nicht-Standardsprachen und Standardsprachen niemals eindeutig sein kann, sondern als eine spektrale Größe zu betrachten ist. Ein Idiom ist daher eigentlich letztlich nicht einfach entweder eine Standardsprache oder keine Standardsprache, sondern kommt dem Ideal einer mo- dernen Standardsprache unterschiedlich nahe.
In welcher Weise lassen sich nun die Kriterien der Prager Schule unter Umständen nach wie vor mit Gewinn in die ukrainistische Sprachhistoriographie einbringen?26
– Eine Standardsprache muss kodifiziert sein. Es kann nicht genügen, die vermeintlich wichtigsten Kodifizierungsversuche aufzulisten. Die Sprachgeschichts- forschung hat nach den ideologischen Grundlagen dieser Kodifikation ebenso zu fragen wie nach ihrer Reichweite und Geltungsdauer. Sie hat gescheiterte Sprach- konzeptionen und Kodifikationsversuche zu berücksichtigen und darf die Situati- on nicht von vorneherein aus der Perspektive einer bestimmten später etablierten Kodifikation bewerten. Zu beachten ist im Übrigen, dass nicht jedes Wörterbuch und jede grammatische Beschreibung als Kodifikationsversuch im eigentlichen Sinn zu bewerten sind (wie auch moderne Dialektwörterbücher und Beschreibun- gen dialektaler grammatischer Systeme zeigen).
– Die Normen der Standardsprache müssen allgemein verbindlich sein und akzeptiert werden. Die Arbeit der Sprachhistoriographie kann sich nicht darin erschöpfen, Belege der später etablierten Normformen zu suchen. Überprüft werden soll- te vielmehr die Verbreitung aller belegten Varietäten und ihrer Normen auf der Grundlage eines möglichst umfangreichen und regional wie sozial möglichst stark differenzierten Korpus’. Dass die Normen von allen Mitgliedern einer Sprachge- meinschaft zu hundert Prozent akzeptiert und eingehalten werden, ist angesichts sämtlicher bisher bekannter soziolinguistischer Konstellationen lediglich als eine kühne Illusion zu betrachten.
– Die Standardsprache muss als polyvalente Sprache in allen kommunikativen Funktionsbereichen einer Sprachgemeinschaft Anwendung finden. Die Sprachgeschichte sollte daher überprüfen, wann, wo und wie bestimmte Varietäten in be- stimmte funktionalen Domänen und Genera eingebracht wurden. Zumindest ebenso wichtig wie der Bereich der schönen Literatur ist hierbei jener der Admi- nistration und des gesamten öffentlichen Raumes. Von erheblichem Interesse sind fernerhin die verfügbaren persönlichen Aufzeichnungen und Korres- pondenzen von „Durchschnittsmenschen“ aus unterschiedlichen Regionen und sozialen Schichten. Selbst in einer Zeit, in der bereits umfangreiche literarische Werke in einer bestimmten Sprache geschrieben wurden, kann eine Bahnkarte, eine Banknote, eine Gebrauchsanweisung oder eine private Alltagsnotiz zu einem Dokument, von großem sprachgeschichtlichem Wert werden.27
– Die Standardsprache muss überregionale Geltung aufweisen. Auch die Sprachgeschichtsschreibung sollte den „nationalsprachlichen“ Raum nicht als eine von vorneherein gegebene Größe betrachten, sondern den unterschiedlichen Anteil der Regionen am Ausbau der Standardsprache ebenso beachten wie das Eindrin- gen der überregionalen Variante in diese Regionen bzw. dessen Scheitern. Zu fra- gen ist aber auch: Was bedeutet letztlich Überregionalität? Wie groß muss die Re- gion sein und wie einheitlich die Überbrückung wie großer dialektaler Unter- schiede, damit von überregionaler Überdachung gesprochen werden kann?
– Die Standardsprache muss stilistisch differenziert sein. Fragen der stilistischen Differenzierung, die aufgrund des weiterhin weitgehend unscharfen, ganz unterschiedlich aufgefassten Stilbegriffs von vorneherein problematisch sind, sollten sicherlich nicht auf die Domäne der schönen Literatur oder auf die sprachliche Ebene der Lexik reduziert werden. Sämtliche Bewertungen müssen von einem Bemühen um das Verständnis der historischen Verhältnisse geprägt sein und dür- fen nicht aus dem Blickwinkel der Gegenwart allein erfolgen.
Stärker als bisher wird eine zeitgemäße ukrainistische Sprachhistoriographie fernerhin wahrnehmen, dass Sprachen nicht nur unter bestimmten ideengeschichtlichen, sondern auch unter bestimmten historischen administrativen und institutionellen Rah- menbedingungen entwickelt wurden und werden. Sie wird sich von Ansätzen der Sprachplanung (language planning)28 oder des Sprachmanagements (language manage- ment)29 inspirieren lassen und darüber hinausgehende methodische Ansätze zur Un- tersuchung der Vitalität von aktuell bedrohten Sprachen nützen, da – mutatis mutan- dis – im Wesentlichen dieselben Faktoren, die für die Revitalisierung bedrohter Spra- chen der Gegenwart ausschlaggebend sein können, für die Etablierung der Vitalität von modernen Standardsprachen entscheidend waren. Demographische Faktoren sind also ebenso miteinzubeziehen wie Faktoren der institutionellen Unterstützung und Kontrolle in Bereichen wie der Bildung und der Verwaltung, des Militärs, der Religion, der Wirtschaft, der Medien oder des Vereinwesens. Zu berücksichtigen sind fernerhin Faktoren des Status, sowohl des Status der Sprachgemeinschaften als auch des Status der Sprachen selbst.30 Dass eine historische Soziolinguistik, die sich an sol- chen Leitlinien orientiert,31 den derzeit viel zu schwach ausgeprägten Dialog mit der Geschichtswissenschaft wiederbeleben wird, liegt in der Natur der Sache. Eine Ver- bindung der Früchte dieses Dialogs mit einer möglichst profunden Kenntnis der schriftlichen und mündlichen Textquellen sowie ihrer außer- und innersprachlichen Grundlagen wird ein neues, überzeugenderes Bild von der ukrainischen Sprach- geschichte zum Ergebnis haben und somit auch den Prozess der ukrainischen Nati- onsbildung in einem noch klareren Licht als bisher erscheinen lassen.
Weiterführende Literatur
VASYL’ ČAPLENKO Istorija ukrajins’koji literaturnoji movy (XVII st. – 1933). New York
1970.
Kurs istoriji ukrajins’koji literaturnoji movy. Band I, IVAN K. BILODID (Hg.) Kyjiv 1958. M. MOZER [Moser] Pryčynky do istoriji ukrajins’koji movy. Charkiv 2008 (2. Aufl. 2009). VITALIJ RUSANIVS’KYJ Istorija ukrajins’koji literaturnoji movy. Kyjiv 2001.
1 BENEDICT ANDERSON Imagined Communities. New edition. London, New York 2006.
2 Siehe dazu u. a. ANJA STUKENBROCK Sprachnation/Sprachnationalismus als Gegenstand linguistischer Diskursanalyse, in: INGO H. WARNKE (Hg.) Diskurslinguistik nach Foucault. Theorie und Gegenstände. Berlin 2007, S. 213–246.
3 VITALIJ RUSANIVS’KYJ Istorija ukrajins’koji literaturnoji movy. Kyjiv 2001.
4 V. a. VASYL’ ČAPLENKO Istorija ukrajins’koji literaturnoji movy (XVII st. – 1933). N’ju Jork 1970. Teilweise gilt dies sogar für die Werke des vor wenigen Jahren verstorbenen führenden ukrainistischen Sprachwissenschafters Jurij Ševel’ov, zumindest, sofern es um das 19. Jahrhundert geht. Deutlich stärker entspricht dem hier entworfenen Ideal GEORGE Y. SHEVELOV (JURIJ ŠEVEL’OV) The Ukrainian Language in the First Half of the Twentieth Century (1900-1941): Its State and Status. Cambridge, Mass. 1989.
5 Der bedeutend umfangreichere sowjetische KURS istoriji ukrajins’koji literaturnoji movy (Band I, IVAN K. BILODID (Hg.), Kyjiv 1958.) setzt sich ebenfalls ganz vorwiegend aus Abschnitten mit Überschriften wie „Sprache der Werke I. Kotljarevs’kyjs“, „Sprache der Werke H. Kvitka-Osnov”janenkos“ zusammen; man findet umfangreiche Kapitel über die Sprache z. T. wenig bedeutender Schriftsteller der zweiten Hälfte des 19. und des beginnenden 19. Jahrhunderts. Die von Zinovija Franko (der Enkelin Ivan Frankos) geschriebenen Abschnitte über die Entwicklungen in Galizien heben sich von übrigen Teilen positiv ab, indem vergleichsweise viel vom Wissensstand der Vorkriegszeit tradiert wird.
6 RUSANIVS’KYJ Istorija, S. 146-169.
7 Als Abstrakta werden Einheiten des Grundwortschatzes wie veselist’, vira, nauka u. a. isoliert (S. 165).
8 Im sowjetischen KURS 1958 (S. 194–210) wiederum werden die „russisch-ukrainischen literarischsprachlichen Verbindungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (bis 1861)“ ausschließlich in den sowjetischen Blick genommen 9 Ein Almanach, der im Jahr 1837 von der so genannten „Ruthenischen Triade“, den galizischen Er- neuerern Markijan Šaškevyč, Ivan Vahylevyč und Jakiv Holovac’kyj herausgegeben wurde. Die Be- deutung dieses schmalen Büchleins wird im Diskurs über die Sprachgeschichte Galiziens traditionell überakzentuiert.
10 Sicherlich weicht deren Objektsprache verhältnismäßig weit von der modernen ukrainischen Standardsprache ab, doch eine weniger teleologisch ausgerichtete Sprachhistoriographie hätte daraus andere Konsequenzen zu ziehen.
11 Vgl. hierzu Michael MOSER „Jazyčije“ – ein Pseudoterminus der sprachwissenschaftlichen Ukrainistik. Studia Slavica Hungarica 49 (2004), 1-2, S. 121–147.
12 Der Kurs 1958 (S. 265–266) setzt politisierende Akzente und betont, dass sich das Ukrainische in der Dniproukraine dank „gesellschaftlicher Kräfte der russischen und ukrainischen revolutionären Demokraten und anderer progressiver Aktivisten“ entwickelt habe. In den aufgrund der Politik „der herrschenden österreichisch-ungarischen Kreise“ rückständigen westukrainischen Ländern hätten sich solche Kräfte erst später gebildet.
13 RUSANIVS’KYJ Istorija, S. 170-220.
14 Vgl. hierzu MICHAEL MOSER Taras Ševčenko und die moderne ukrainische Schriftsprache. Versuch einer Würdigung. München 2008.
15 MYCHAJLO ŽOVTOBRJUCH Mova ukrajins’koji presy (do seredyny dev”janostych rokiv XIX st.) Kyjiv 1963, S. 122), einer der führenden Sprachhistoriker aus der sowjetischen Periode, schreibt zusammenfassend, dass die ukrainischsprachige Publizistik in den Almanachen der 1830er und 1840er Jahre noch „sehr schwach vertreten“ gewesen sei.
16 Im KURS 1958 (S. 271–274) ist die Besprechung der Osnova hingegen besonders stark ideologisch aufgeladen.
17 RUSANIVS’KYJ Istorija, S. 221-253.
18 Im KURS 1958 (S. 264) liest man hingegen von der „besonderen Unterdrückung und Diskriminierung“ des Ukrainischen in Österreich-Ungarn. Der Entwicklung des Ukrainischen hätten außerdem die „bourgeoisen Nationalisten“ [!!!] geschadet, die sich bemüht hätten, das Ukrainische „einer rus- tikalen Primitivierung und Abgrenzung vom Russischen zuzuführen“.
19 Die narodovci“ (Volkstümler) gingen von der Einheit des ukrainischen Volkes und – im Gegensatz zu den so genannten „Russophilen“ – von seiner grundsätzlichen Verschiedenheit vom russischen Volk aus. Sie setzten sich im Rahmen einer zweiten galizischen Erneuerungsbewegung für die Verwendung einer Schriftsprache auf volkssprachlicher Grundlage ein. Anders als ihre Vorgänger des Vormärz lehnten sie sich sprachlich stark an Vorbilder aus der russisch beherrschten Ukraine an.
20 Die Titelangaben sind jedoch fast ausnahmslos fehlerhaft. Im Fall der bis in das 20. Jahrhundert im Manuskript verbliebenen Grammatik von Ivan Mohyl’nyc’kyj kann nicht von einer „Ausgabe“ die Rede sein, und die Grammatik von Josyf Lozyns’kyj wurde nicht im Jahr 1840, sondern im Jahr 1846 veröffentlicht (S. 207–208). Ungenannt bleibt u. a. die Grammatik von Ivan Vahylevyč aus dem Jahr 1849. Der gesamte Absatz wird mit der Bemerkung eingeleitet, dass in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Westukraine noch die „slavenoruthenische Literatursprache mit dem Zusatz einiger lokalen Besonderheiten“ im Gebrauch gestanden sei (S. 227). Nur ein Teil der galizi- schen Grammatiken kann jedoch unter diesem Blickwinkel betrachtet werden.
21 Auch auf die Rolle des von IVAN FRANKO und MYCHAJLO HRUŠEVS’KYJ herausgegebenen Literaturno-naukovyj visnyk wird hingewiesen.
22 Ivan Puljuj aber, der Kuliš bei der Bibelübersetzung sehr wichtige Unterstützung leistete, wird mit einer falschen Namensform (Poljuj) sowie ohne Hinweis auf sein Galiziertum genannt (S. 233–234).
23 Іn einem einzigen Satz wird außerdem Jurij Fed’kovyč als ein westukrainischer Autor, „der auf den Positionen Taras Ševčenkos stand“, erwähnt (S. 242).
24 RUSANIVS’KYJ Istorija, S. 254-289.
25 Im sowjetischen KURS 1958 (S. 301–310) findet man noch einen Abschnitt mit dem Titel „Sprache des wissenschaftlichen und publizistischen Stils“ vor, der jedoch nur ansatzweise über die allzu typische Klassenkampfrhetorik der Zeit hinausgeht.
26 Zu einer Diskussion der Prager Ansätze vgl. IVA NEBESKÁ Jazyk. Norma. Spisovnost. Praha 1996/1999.
27 Wünschenswert ist also eine Erweiterung der Perspektiven im Sinn einer „Sprachgeschichte von unten“ (vgl. STEPHAN ELSPAß Sprachgeschichte von unten. Untersuchungen zum geschriebenen
Alltagsdeutsch im 19. Jahrhundert. Tübingen 2005).
28 ROBERT L. COOPER Language Planning and Social Change. New York 1989.
29 Vgl. JIŘÍ NEKVAPIL On the Relationship between Small and Large Slavic languages, in: ROLAND MARTI, JIŘÍ NEKVAPIL (Hg.) Small and Large Slavic Languages in Contact. Berlin, New York 2007, (= International Journal of the Sociology of Language 183), S. 141–160.
30 Vgl. etwa RICHARD Y. BOURHIS, R. LANDRY Group Vitality, Cultural Autonomy and the Wellness of Language Minorities, in: BOURHIS, R.Y. (Hg.) The Vitality of the English-Speaking Communities of Quebec: From Community Decline to Revival. Montreal. Quebec 2008, S. 185–211.
31 Alternative Zugänge zur ukrainischen Sprachgeschichte finden sich in mehreren Einzelstudien unterschiedlicher Autoren, zum Teil auch in meinen eigenen Arbeiten (vgl. u. a. die Aufsatzsammlung M. MOZER [Moser] Pryčynky do istoriji ukrajins’koji movy. Charkiv 2008 (2. Aufl. 2009). In diesem Beitrag wurden jedoch, wie erwähnt, nur die synthetischen monographischen Darstellungen in Buchform in den engeren Blick genommen.
Україна. Процеси націотворення/ Упор. Андреас Каппелер; перекл. з нім. – К.: К.І.С., 2011. — 416 с.
Michael Moser
Die Ukrainer auf dem Weg zur Sprachnation: Kritische Anmerkungen zur ukrainistischen Sprachhistoriographie
Im Geist Johann Gottfried Herders betrachteten die Protagonisten der europäischen Nationsbildungen im 19. Jahrhundert die Pflege der Nationalsprachen als eines ihrer vorrangigsten Anliegen. Mehr noch: Sie definierten die Nationen, die ja im Übrigen von der modernen Nationsforschung immer deutlicher als diskursiv konstruierte Gemeinschaften beschrieben werden,1 vor allem über ihre Sprachen.2 Nicht nur Nationen, auch moderne Nationalsprachen entwickeln sich freilich nicht „natürlich“, sondern wurden und werden bewusst geplant. In ganz besonderem Maß gilt dies in- nerhalb von Sprachfamilien, die so genannte Dialektkontinuen bilden, so auch im Fall der slavischen Sprachen: Mit rein sprachlichen Argumenten kann nicht erklärt werden, warum es auf dem Areal eines solchen Dialektkontinuums gerade die „Spra- chen“ X und Y gibt und warum sie gerade auf den Gebieten A und B im Gebrauch stehen. Ebenso wenig kann auf rein innersprachlicher Grundlage erklärt werden, wa- rum die zwischen den beiden „Sprachen“ X und Y liegenden Idiome (innerhalb eines echten Dialektkontinuums müssen diese per definitionem Übergangscharakter ha- ben) nicht selbst „Sprachen“ sind, sondern als „Dialekte“ der „Sprachen“ X und Y gelten. Auch die Ausbildung der modernen slavischen Standardsprachen erfolgte keineswegs auf rein sprachlicher Grundlage, sondern im Zuge der modernen Natio- nalbewegungen, welche sich gerade in Zentral- und Zentralosteuropa stark auf die Sprachenfrage konzentrierten.
Trotz des offensichtlichen Zusammenhangs eröffnen die vorliegenden Arbeiten zur Sprachgeschichte nicht nur im Bereich der Ukrainistik kaum Bezüge zu den Er- gebnissen der modernen Nationsbildungsforschung. Sie stützen sich zumeist viel- mehr auf teleologische und eklektische Meisternarrative, deren Ursprünge in den Na- tionalphilologien des 19. Jahrhunderts liegen. Grundlegende Quellen der Sprach- geschichte werden so marginalisiert oder bleiben unberücksichtigt, sofern sie das Bild einer linear konstruierten Entwicklung hin zur modernen Standardsprache stören. Selbst innerhalb dieses reduzierten Spektrums bleiben große Segmente weitgehend ohne Beachtung; im Mittelpunkt steht zumeist die Sprache ausgewählter belletristi- scher Literatur.
Bedauerlich sind diese Teleologie und dieser Eklektizismus auch deswegen, weil die ukrainische Nationsbildung ebenso wie die Ausbildung der Schriftsprache da- durch besonders interessant sind, dass sie in unterschiedlichen staatlichen Gebilden stattfanden und dort im Wettbewerb mit jeweils anderen Projekten der Nations- und Schriftsprachenformierung standen. Auch im ukrainischen Fall waren Nations- und Sprachenausbildung ohne Zweifel als Emanzipationsprojekte gegenüber traditionell dominanten Gruppen zu verstehen: Im Staatsverband Österreichs bzw. (ab 1867) Österreich-Ungarns im Westen vor allem gegenüber den nah verwandten Polen und im Südwesten vor allem gegenüber den Ungarn, im Zarenreich vor allem gegenüber den nah verwandten Russen. Keine der drei genannten dominanten Gruppen hatte im 19. Jahrhundert ihre eigene Nationsbildung abgeschlossen, keine der Sprachen dieser „historischen Nationen“ war am Beginn des 19. Jahrhunderts wirklich als mo- derne kodifizierte Standardsprache breiter Bevölkerungsschichten etabliert.
Ein Universitätslehrbuch als Spiegel des Status quo
Als derzeit wohl einflussreichste Arbeit zur Geschichte der ukrainischen Schriftsprache ist die als ukrainisches Universitätslehrbuch approbierte Monographie von Vitalij Rusanivs’kyj mit dem Titel „Geschichte der ukrainischen Sprache“ (Istorija ukrajins’koji movy)3 zu nennen, die sich zwar von den sowjetischen Arbeiten durch die Be- reinigung der sowjetischen Klassenkampfrhetorik und die Berücksichtigung einzelner Beiträge der ukrainischen Emigration unterscheidet, allerdings weiterhin grundlegen- de Schemata aus ihnen übernimmt.4 Das für die Bildung der modernen Nation und Sprache entscheidende 19. Jahrhundert wird in diesem Buch in vier Kapiteln erfasst, die im Folgenden kritisch betrachtet werden sollen. Besprochen werden nur jene Punkte, die für den gegenwärtigen Stand der synthetischen ukrainistischen Sprach- historiographie symptomatisch erscheinen.5
Die ukrainische Sprache als Instrument der Wiederbelebung des nationalen Bewusstseins6
Rusanivs’kyjs Darstellung wird von Mitteilungen über die Sprache der Schriftsteller Ivan Kotljarevs’kyj, Hryhorij Kvitka-Osnov”janenko und Jevhen Hrebinka mit einem starken Akzent auf der volkssprachlichen Lexik und den dialektalen Merkmalen beherrscht. Zaghafte Versuche, die Arbeit der Schriftsteller in einen Bezug zur Nations- bildung zu stellen, überzeugen nicht: So wird festgestellt, dass Kotljarevs’kyjs Enejida die Triade „Orthodoxie, Autokratie und Nationalität“ (S. 153) in Frage gestellt habe, obgleich Unterrichtsminister Sergej Uvarov diese Formel erst im Jahr 1833 in den russischen imperialen Diskurs einführte. Es wird zwar angemerkt, dass sich Kvitka nicht zum Ziel gesetzt habe, die Sprache zum „allseitigen Mittel der Entwicklung des Volks zu erheben“, sondern „durch das künstlerische Wort die Seele im Menschen habe wecken wollen“ (S. 161), und es wird erwähnt, dass Jevhen Hrebinka keine Pro- sa in ukrainischer Sprache vorlegte (ebd.) sowie dass seine Übersetzung von Puškins Poltava aus dem Jahr 1835 einen burlesken Charakter aufwies. Schlüsse werden daraus allerdings nicht gezogen. Schließlich wird auch das Werk der Romantiker fast aus- schließlich im Hinblick auf seine volkssprachliche und historisierende Lexik unter- sucht,7 während der Bezug des Sprachausbaus zur Nationsbildung ganz unklar bleibt: Die Problematik der zunächst weitgehend ausgebliebenen Modernisierung und Intel- lektualisierung des Ukrainischen im Zarenreich sowie der mit ihr verbundenen ukrai- nisch-russischen, ukrainisch-polnischen u. a. Mehrsprachigkeit wird kaum fassbar,8 der Bezug der schriftsprachlichen Varietäten zu älteren Traditionen wird nicht über- zeugend diskutiert. Weitgehend offen bleibt auch die zentrale Problematik, welchen Status und welches Prestige die Zeitgenossen dem Ukrainischen zuschrieben. Zwar wird auf das in verschiedenen Gedichten anzutreffende Bekenntnis zur Eigen- ständigkeit der ukrainischen Sprache hingewiesen, doch argumentativ geprägte Illust- rationen bleiben im Hintergrund. Elementare Fragen des mental mapping der sprach- lichen Erneuerer bleiben ausgeblendet, auch im Hinblick auf ihre Vision des Über- dachungspotenzials der von ihnen gewünschten Nationalsprache. So erfährt man denn auch nichts darüber, inwiefern die „Ruthenen“ in Österreich und die „Kleinrussen“ in Russland einander wahrnahmen und dies in ihren sprachlichen Konzepti- onen zum Ausdruck brachten oder inwiefern sie sich überhaupt als ein gemeinsames „Sprachvolk“ betrachteten. Die Vertreter zahlreicher Regionen, so auch die transkarpatischen Ruthenen kommen in diesen Abschnitten gar nicht vor. Dass die galizi- schen sprachlichen Erneuerer, aber auch die Ukrainer noch teilweise bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts die Weißrussen als Bestandteil des „ruthenischen oder kleinrussischen“ Sprachvolks wahrnahmen, bleibt unerwähnt.
Besonders auffällig ist, dass der gewichtige galizische Anteil in diesem Diskurs kaum thematisiert wird. Zitiert werden fünf Verszeilen mit einem Sprachlob aus der Rusalka Dnistrovaja9, nicht aber das viel aussagekräftigere Vorwort. Über den Przemyśler Kirchenmann Ivan Mohyl’nyc’kyj, der in den 1820er Jahren eine bedeutsame wissenschaftliche Argumentation für die Selbstständigkeit des „Ruthenischen“ ge- genüber dem Polnischen, Russischen und Kirchenslavischen vorlegte, liest man in anderem Zusammenhang einen einzigen, nicht ganz richtig formulierten Satz (S. 225).
Probleme der „Korpusplanung“ kommen zu kurz (S. 168). Weil die Frühzeit der modernen ukrainischen Standardsprache dargestellt werden soll, werden die tatsächlichen Abweichungen von der modernen Standardnorm häufig verwischt. Von der tatsächlichen Orthographie der kanonisierten Vorromantiker und Romantiker, die man in der Regel nur noch aus modernen standardisierten Ausgaben kennt, gewinnt man keinen realistischen Eindruck. In der Vergangenheit diskutierte Alternativen in der Alphabetfrage werden kaum zur Sprache gebracht. Zwar findet sich ein verein- zelter Hinweis auf den Vorschlag Josyf Lozyns’kyjs, das Ukrainische im lateinischen Alphabet zu verschriften (im Zusammenhang mit dem so genannten „Ersten Alpha- betkrieg“ aus dem Jahr 1834) (S. 168), doch alternative Entwicklungsstränge wie die- se werden nicht weiter erörtert, obwohl das lateinschriftliche Korpus in ukrainischer Sprache auch im 19. Jahrhundert alles andere als ein marginales Kuriosum darstellt. Die kodifikatorische Relevanz der erwähnten Grammatiken und Wörterbücher wird faktisch nicht besprochen, was etwa auch für die im Jahr 1818 in St. Petersburg ge- druckte Grammatik von Oleksander Pavlovs’kyj gilt, die kaum irgendein kodifikatori- sches Potenzial aufwies. Über die wichtigen gedruckten Grammatiken aus Galizien liest man an dieser Stelle kein Wort.10
Was die funktionalen Domänen oder Sprachgebrauchsbereiche des Ukrainischen betrifft, so findet man einen Hinweis auf den damit in Verbindung stehenden Sachverhalt, dass die meisten Funktionalstile für das Ukrainische noch nicht entwickelt waren (S. 168–169). Unerwähnt bleibt jedoch, dass die Verwendung ukrainischer schriftsprachlicher Varietäten in Galizien bereits bis zu den Revolutionsjahren 1848/49 in ein außerordentlich breites Spektrum von Sprachgebrauchsbereichen und Genera vorgedrungen war. Man nimmt diese galizischen schriftsprachlichen Varietä- ten jedoch nicht ganz ernst, da sie zum Teil beträchtlich von der modernen ukraini- schen Standardsprache abweichen. Dass aber diese oft generell als jazyčije11 stigmati- sierten schriftsprachlichen Varietäten nicht mit der modernen ukrainischen Standardsprache übereinstimmen, unterscheidet sie in keiner grundsätzlichen Weise von ande- ren Schrifterzeugnissen ihrer Zeit. Dass die Abweichungen vergleichsweise groß wa- ren, ergibt sich zum einen aus der dialektalen Situation und zum anderen gerade aus der Tatsache, dass die galizischen Ruthenen ihre sprachliche Erneuerung in einem anderen Umfeld sowie in weitaus differenzierteren Sprachgebrauchsbereichen und Genera verwirklichten als jene „Kleinrussen“, mit denen sie sich stets als ein gemein- sames Sprachvolk identifizierten.
Die Galizier schrieben und druckten zwischen 1772 und 1848/9 nicht so sehr Burlesken oder sentimentale Erzählungen aus dem ländlichen Bereich, in denen der schriftliche Gebrauch einer dialektal basierten ukrainischen Volkssprache verhältnismäßig wenig Schwierigkeiten eröffnete, da man sich dort weitgehend an der vitalen Sprache der Landbevölkerung orientieren konnte. Sie verfassten vorwiegend andere Texte wie Universitätslehrbücher, Grammatiken und wissenschaftliche Abhandlun- gen, Übersetzungen von Bibeltexten, Panegyriken für geistliche und weltliche Wür- denträger, Fibeln für den Unterricht der Mutter- und der Kirchensprache, Lehrbü- cher für Grundrechnungsarten, Katechismen, Predigten und Hirtenbriefe. Schon bis in das Jahr 1848/9 schrieben sie außerdem Gesetzestexte, politische Reden und Streitschriften sowie Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträge unterschiedlicher Art „auf Ruthenisch“, bereits in den Revolutionsjahren begann die Arbeit an den ersten Wör- terbüchern zur „juridischpolitischen“ Terminologie. Im mündlichen Bereich erklan- gen – neben den traditionellen Predigten – politische Reden ebenso wie wissen- schaftliche Vorträge. Das Textsortenspektrum der galizisch-ruthenischen Sprachva- rietäten war also bereits im Wesentlichen so stark ausdifferenziert, wie es die nationa- len Programme des Völkerfrühlings vorsahen.
Für viele Funktionsbereiche musste jedoch das Ruthenische erst entsprechend ausgebaut werden, und so ist es nicht verwunderlich, dass die Galizier in dieser Situation auch Wege gingen, von denen sie später wieder abkamen. Zu Unrecht wird ihnen dies auch in der sprachwissenschaftlichen Fachliteratur immer wieder mit Ver- weis auf die Situation im Zarenreich vorgehalten: Dort nämlich gab es zunächst noch überhaupt keine Entwicklung, die zu einem auch nur annähernd vergleichbaren Spektrum ukrainischer Sprachgebrauchsbereiche geführt hätte.12 Man schrieb dort in den meisten Fällen auf Russisch, so wie die Galizier auch auf Polnisch oder auf Deutsch hätten schreiben können (was sie ja auch häufig taten). Übersehen wird zumeist auch Folgendes: Schrieben die Galizier – bereits bis 1848/9 – über Themen aus dem ländlichen Erfahrungsbereich – etwa folkloristisch stilisierte Gedichte, Ab- handlungen über die Folklore oder landwirtschaftliche Ratgeber –, so waren auch ih- re Texte in der Regel ganz volkssprachlich ausgerichtet und dabei dennoch vor allem in der Orthographie von einem Bemühen um dialektalen Ausgleich geprägt.
Taras Ševčenko – Reformer der ukrainischen Literatursprache13
In diesem Abschnitt wird betont, dass die Sprache des ukrainischen Nationaldichters
„auf das gesamte ukrainische Sprachareal und den gesamten ukrainischen Raum“ ausgerichtet gewesen sei (S. 172–175). Die Behauptung, er habe Merkmale von geringer dialektaler Reichweite vermieden, wird jedoch nur unzureichend belegt, und so ist die Gefahr eines Zirkelschlusses aufrecht: Wenn Ševčenkos Sprache zur Grundla- ge der modernen ukrainischen Standardsprache gemacht wurde, ist die hohe (im Üb- rigen nicht vollständige) Übereinstimmung zwischen diesen Varietäten wenig ver- wunderlich. Zahlreiche grundlegende Fragen zur Sprachwelt Taras Ševčenkos bleiben ungestellt. Nicht erörtert wird etwa, warum Ševčenko faktisch alle Prosatexte auf Russisch verfasste und sein ukrainischsprachiges Werk nur wenige Genres erfasste. Ševčenkos Sprachverhalten als Briefschreiber und sein Gebrauch von Russismen im Allgemeinen werden ebenfalls nur unzureichend erfasst (vgl. S. 204-208).14
Heißt es danach, dass sich bereits zu Ševčenkos Lebzeiten die ukrainische Presse entwickelt habe, so werden als Belege dafür vor allem literarische Werke und folkloristische Aufzeichnungen geltend gemacht, die in meist vorwiegend russischsprachi- gen Almanachen, Zeitschriften und Zeitungen abgedruckt wurden (S. 203-204). Die Existenz einer ukrainischsprachigen Publizistik im eigentlichen Sinn belegen diese Texte jedoch sicherlich nicht.15 Ein überzeugenderes Indiz, die freilich nur in zwei unvollständigen Jahrgängen herausgegebene Zeitschrift Osnova (in der sich allerdings auch zahlreiche russischsprachige Texte finden), bleibt ungenannt (S. 203-204).16 So stark bleibt die Fokussierung auf die Belletristik, dass selbst Ševčenkos außer- ordentliche sprachliche Wirkkraft zunächst fast ausschließlich auf die ukrainischen Literaten der nachfolgenden Generationen bezogen wird.
Die Erweiterung der funktionalen Grenzen des Ukrainischen17
Die Überschrift des nachfolgenden Kapitels weckt Hoffnungen auf neue Akzente, doch es setzt mit einer Erörterung des Valuev-Zirkulars von 1863 und des Emser Erlasses von 1876 ein, in denen der Druck ukrainischsprachiger Schriften weitgehend eingeschränkt wurde. Man erfährt allerdings fast nichts über die Voraussetzungen und den Gehalt der beiden Erlässe. Als Beleg dafür, dass das Zirkular von 1863 zu- nächst „nur in weicher Form“ gewirkt habe (S. 223), wird das Erscheinen einer Reihe literarischer Werke genannt – obwohl das Zirkular die Belletristik noch ausdrücklich vom Verbot ausnahm. Das auslösende Moment des Valuev-Zirkulars, die der Zensur vorgelegte Evangelienübersetzung von Pylyp Moračevs’kyj, wird hingegen überhaupt nicht erwähnt.
Ist von der Periode nach den Spracherlässen der Jahre 1863 und 1876 die Rede, wird die Rolle Galiziens als Piemont endlich doch geradezu zwangsläufig apostrophiert.18 Zur sprachlichen Erneuerung in Galizien heißt es zunächst, dass die Westukraine bis in die 30er Jahre des 19. Jahrhunderts „in kultureller Beziehung geschlafen“ habe, danach ist von der Rusalka Dnistrovaja sowie nach einem allzu großzügigen Zeitensprung von den ersten Zeitungen der narodovci19 aus den frühen 1860er Jahren die Rede (S. 224–227). Man erfährt, dass seit dieser Zeit die ukrainische Spra- che in Galizien nicht mehr nur für die schöne Literatur, sondern auch als „Mittel der allseitigen Entwicklung der Wissenschaft und Kultur“ ausgebaut worden sei (S. 226). Die eigentlich galizischen Belege werden jedoch selbst jetzt noch kaum beigebracht, und die Darstellung erscheint in einem teilweise verfälschten Licht, wenn man sich daran erinnert, dass dieselbe Situation in Galizien schon seit der Zeit um 1848/9 vorweggenommen worden war. Neu war jedoch nun in den 1860er Jahren in sprach- geschichtlicher Hinsicht vor allem die weitgehende Übernahme der von Taras Ševčenko und Pantelejmon Kuliš geprägten, nicht galizisch basierten Sprachnormen, neu war außerdem die verstärkte Distanzierung vom Russischen sowie vom Kirchen- slavischen. Beide Prozesse werden in der Darstellung kaum angesprochen, sondern als gleichsam selbstverständlich vorausgesetzt.
Transnationale Gesichtspunkte bleiben ebenfalls weitgehend ausgeblendet. Die galizischen Russophilen etwa werden auch in der vorliegenden Monographie kurz und kategorisch als Gegenspieler der Volkstümler abgetan. Ihre Sprachideologie wird nicht thematisiert, und selbst ihr keineswegs unwesentlicher Beitrag für das ruthenischsprachige Schrifttum auf volkssprachlicher Grundlage im Bereich der volks- tümlichen Literatur kommt nicht zur Sprache.
Insgesamt bleiben die galizischen Verhältnisse weitgehend im Dunkeln:
– Zwar erfährt man nun in wenig passendem Kontext u. a. von einigen galizischen Grammatiken20 sowie von ausgewählten galizischen Schullehrbüchern aus den 1860er und 1870er Jahren, die der Autor in einen zu großzügigen Bezug zur Ter- minologiearbeit Ivan Verchrats’kyjs setzt (S. 228). Was aber die Schulbücher für die Verbreitung ukrainischer Sprachnormen geleistet haben könnten, wird nicht diskutiert, so wie auch sonst die Aspekte der Spracherwerbsplanung (acquisition planning) zu kurz kommen. Ist von neuen ukrainischen Termini aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Rede, so wird ausschließlich Material von Autoren aus dem Zarenreich angeführt (S. 232–233).
– Die intensiven Orthographiediskussionen der Zeit (graphization) werden in einem einzigen Absatz auf die Vorschläge von Mychajlo Maksymovyč, Pantelejmon Kuliš, Mykola Hatcuk sowie Mychajlo Drahomanov reduziert. Über folgenreiche ga- lizische Beiträge wie jenen von Jevhen Želechivs’kyj erfährt man hier nichts; er- wähnt wird lediglich die Stellungnahme des „Altruthenen“ Mychajlo Malynovs’kyj gegen die so genannte „phonetische“ Rechtschreibung (S. 229–230), dabei wird weiterhin fälschlich suggeriert, dass ein Gebrauch der etymologischen Recht- schreibung gleichsam folgerichtig ein Abgehen von der Volkssprache nach sich gezogen habe. Nach dem Jahr 1834 vorgelegte Konzepte und Proben einer Verschriftung des Ukrainischen im lateinischen Alphabet bleiben ebenfalls unberücksichtigt.
– Während der Fokus der Darstellung von dem als rückständig beschriebenen Galizien eigentlich abgewandt wird, findet man eine Auflistung von sechs ukrainischen mehrsprachigen Wörterbüchern des späten 19. und beginnenden 20. Jahr- hunderts (S. 231–232). Dann heißt es, dass „die Entwicklung des grammatischen Gedankens und der Lexikographie in der östlichen Ukraine auf die Erweckung der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit für das Ukrainische in Galizien und in der transkarpatischen Ukraine Einfluss genommen“ habe (S. 232). Wer es nicht weiß, würde nicht ahnen, dass von den genannten sechs Wörterbüchern drei be- sonders umfangreiche und wichtige aus den angeblich so rückständigen Regionen Galizien und Transkarpatien stammen (das deutsch-ukrainische Wörterbuch Omeljan Partyc’kyjs aus dem Jahr 1867, das ukrainisch-ungarische Wörterbuch von László Csopey aus dem Jahr 1883, das ukrainisch-deutsche Wörterbuch Jev- hen Želechivs’kyjs und Sofron Nedil’s’kyjs aus dem Jahr 1886).
– Ist von „wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Arbeiten“ in ukrainischer Sprache die Rede (S. 232), so wird dem Leser neben Mychajlo Drahomanov ausschließlich der vorwiegend populär und publizistisch ausgerichtete Ivan Nečuj- Levyc’kyj als Vertreter des Genres genannt (S. 232); erst später wird knapp die Rolle der Ševčenko-Gesellschaft erwähnt (S. 245).
– Auf das Eindringen von galizischem Wortgut in die Sprache der Zentral und Ost- ukrainer wird hingewiesen (S. 245). Angeführt werden jedoch zunächst fast ausschließlich Lexeme, die dem modernen Standardukrainischen fremd sind, wäh- rend erst danach in einer Darstellung der Diskussion über Borys Hrinčenkos anti- galizischen Artikel „Galizische Gedichte“ (Halyc’ki virši) aus dem Jahr 1891 einige Wörter des modernen Standardukrainischen begegnen, die oft als galizisch be- trachtet werden (S. 247–248). Durchaus mit Recht wird betont, dass an der Schaf- fung dieser Lexeme nicht nur Galizier, sondern auch „Dniproukrainer“ beteiligt gewesen seien, „vor allem“ Mychajlo Hruševs’kyj (S. 247). Man gewinnt dennoch den Eindruck, dass in einer Fortsetzung der sowjetischen Vorgaben die Rolle Ga- liziens insgesamt möglichst gering gehalten werden sollte.
– Selbst Ivan Frankos Beitrag wird zunächst lediglich in einem einzigen Absatz skizziert. Eingangs wird sein Gebrauch galizischer Dialektismen und sein ursprüngliches Beharren auf der Legitimität der galizischen Normen verurteilt, dann seine schrittweise Annäherung an das Dniproukrainische geradezu als ein Prozess der Läuterung beschrieben: Franko habe schließlich „verstanden, dass ohne die Beherrschung der Sprache Kotljarevs’kyjs und Ševčenkos kein Schriftsteller in die neue ukrainische Literatur Eingang finden werde“ (S. 252). Wenig später liest man freilich, dass sich Franko noch im Jahr 1905 für den galizischen Anteil am Ausbau der modernen ukrainischen Standardsprache aussprach (S. 265).21 Als jene Per- son, die am meisten für die Erweiterung des in ukrainischer Sprache bedienten Genrespektrums geleistet habe, wird – vielleicht nicht zu Unrecht – der in Sow- jetzeiten noch geächtete Pantelejmon Kuliš gewürdigt.22 Ivan Frankos nicht min- der beeindruckende Vielseitigkeit als ukrainischsprachiger (und mehrsprachiger) Prosaiker und Lyriker, aber auch als Publizist und als vielseitiger Geisteswissen- schafter kommt hingegen kaum zur Geltung.
Insgesamt bleibt die Formel von Galizien als ukrainischem Piemont somit letztlich merkwürdig inhaltsarm.
Auch der alles erdrückende Akzent auf der Belletristik bleibt selbst im Kapitel über die „Erweiterung der funktionalen Grenzen des Ukrainischen“ aufrecht. Als größte sprachgeschichtliche Leistung Pantelejmon Kulišs wird sein historischer Ro- man „Čorna Rada“ gewürdigt; von seiner in rein sprachgeschichtlicher Hinsicht si- cherlich nicht minder interessanten Übersetzung des Manifests über die Bauern- befreiung aus dem Jahr 1861 ist hingegen nirgends die Rede. Weiterhin geht es im übrigen Kapitel um Literaten wie Marko Vovčok, Leonid Hlibov, Ivan Nečuj- Levyc’kyj, Oleksa Storoženko, Mychajlo Stavyc’kyj, Anatolij Svydnyc’kyj, Panas Myr- nyj u. a., weiterhin wird besonderes Augenmerk auf prononciert volkssprachliche, folkloristische und „alltagssprachliche“ Elemente in deren Werken gelegt (vgl. S. 236, 238 u. a.).23
An der Jahrhundertwende24
Zunächst werden mit Recht die Erleichterung der Zensurbestimmungen für das Uk rainische im Jahr 1905 sowie das Erscheinen von Borys Hrinčenkos vierbändigem Wörterbuch in den Jahren 1907-1909 betont (S. 254), doch die anschließende Besprechung der vermeintlich neuen abstrakten Lexik der Jahrhundertwende ist wenig systematisch und in zahlreichen Fällen anachronistisch. Es wird nicht deutlich, wel- che Voraussetzungen der Ausarbeitung dieser Lexik zugrunde liegen, und es wird nicht gezeigt, dass sich die Modernisierungsbemühungen nicht auf den Bereich der Lexik beschränken konnten. Die lebhaften Sprachendiskussionen der Jahrhundert- wende werden auf sehr knappem Raum so abgehandelt (S. 265-266), als ob sich alle Ergebnisse ohnedies von selbst verstanden hätten. Erneut steht vor allem die Spra- che der Belletristik im Mittelpunkt. Die Gründe für die eigentlich richtige Feststel- lung, dass die Jahrhundertwende eine „sehr fruchtbare Periode in der Entwicklung der ukrainischen Literatursprache“ war, bleiben somit letztlich ganz unklar.25
Standardsprachen- und Nationsbildung aus einem alternativen Blickwinkel
An ein Handbuch zur gesamten Geschichte der ukrainischen Schriftsprache wie das hier besprochene kann sicherlich kein Anspruch auf Vollständigkeit gestellt werden, doch geht es hier nicht nur um Fragen der Auswahl und der Akzentuierung, sondern um grundlegende Fragen der Methodik, die, wie erwähnt, keineswegs nur dieses Buch und im Übrigen auch keineswegs nur die ukrainistische Sprachhistoriographie betreffen.
Einer der schwerwiegendsten Mängel der synthetischen Darstellungen der ukrainischen Sprachgeschichte rührt daher, dass sie dazu neigen, den in den slavischsprachigen Ländern vorherrschenden Ausdruck „Literatursprache“ (ukr. literaturna mova) vor allem mit Bezug auf das 19. Jahrhundert weitgehend als „Sprache der Literatur“ zu interpretieren. Sie perpetuieren damit einen weitgehend nach literarischen Kriterien etablierten Kanon und stellen dann häufig selbst innerhalb dieses einge- schränkten Bereichs kaum weiterführende Fragen nach der tatsächlichen sprach- geschichtlichen Relevanz dieser Werke und ihrer Einbettung in das Sprachleben der Zeit. Die Bedeutung der schönen Literatur wird tendenziell gegenüber anderen Do- mänen deutlich überbewertet.
Die künftige ukrainistische Sprachhistoriographie wird stärker zu berücksichtigen haben, dass sich ihr Aufgabengebiet auf ein bedeutend weiteres Feld erstreckt. Insbesondere mit Bezug auf das 19. und 20. Jahrhundert hat sie nicht nur die in das Meisternarrativ eingeschlossenen Sprachexempel, sondern sämtliche vorliegenden Sprachvarietäten daran zu messen, in welcher Weise sie sich auf den Begriff der modernen Standardsprache beziehen lassen, wie er im Gefolge der Prager Schule defi- niert wurde. Dieser Katalog von Merkmalen ist in diesem Zusammenhang im Übri- gen umso passender, als er keine Gefahren eines theoretischen Glasperlenspiels birgt, da er sich letztlich als ein Spiegelbild jener Forderungen und Leistungen lesen lässt, die von den Protagonisten der Nationalbewegung im 19. Jahrhundert selbst immer wieder erhoben und erbracht wurden, während sie um die Etablierung ihrer Sprachen kämpften. Sinnvoll aber wird dieser Katalog vor allem dann, wenn man ihn – die Prager Schule modifizierend – unter prototypischen Gesichtspunkten betrachtet, denn letztlich sind faktisch niemals alle Kriterien des Katalogs vollständig erfüllt. Hieraus ergibt sich auch, dass die Abgrenzung von (Noch-)Nicht-Standardsprachen und Standardsprachen niemals eindeutig sein kann, sondern als eine spektrale Größe zu betrachten ist. Ein Idiom ist daher eigentlich letztlich nicht einfach entweder eine Standardsprache oder keine Standardsprache, sondern kommt dem Ideal einer mo- dernen Standardsprache unterschiedlich nahe.
In welcher Weise lassen sich nun die Kriterien der Prager Schule unter Umständen nach wie vor mit Gewinn in die ukrainistische Sprachhistoriographie einbringen?26
– Eine Standardsprache muss kodifiziert sein. Es kann nicht genügen, die vermeintlich wichtigsten Kodifizierungsversuche aufzulisten. Die Sprachgeschichts- forschung hat nach den ideologischen Grundlagen dieser Kodifikation ebenso zu fragen wie nach ihrer Reichweite und Geltungsdauer. Sie hat gescheiterte Sprach- konzeptionen und Kodifikationsversuche zu berücksichtigen und darf die Situati- on nicht von vorneherein aus der Perspektive einer bestimmten später etablierten Kodifikation bewerten. Zu beachten ist im Übrigen, dass nicht jedes Wörterbuch und jede grammatische Beschreibung als Kodifikationsversuch im eigentlichen Sinn zu bewerten sind (wie auch moderne Dialektwörterbücher und Beschreibun- gen dialektaler grammatischer Systeme zeigen).
– Die Normen der Standardsprache müssen allgemein verbindlich sein und akzeptiert werden. Die Arbeit der Sprachhistoriographie kann sich nicht darin erschöpfen, Belege der später etablierten Normformen zu suchen. Überprüft werden soll- te vielmehr die Verbreitung aller belegten Varietäten und ihrer Normen auf der Grundlage eines möglichst umfangreichen und regional wie sozial möglichst stark differenzierten Korpus’. Dass die Normen von allen Mitgliedern einer Sprachge- meinschaft zu hundert Prozent akzeptiert und eingehalten werden, ist angesichts sämtlicher bisher bekannter soziolinguistischer Konstellationen lediglich als eine kühne Illusion zu betrachten.
– Die Standardsprache muss als polyvalente Sprache in allen kommunikativen Funktionsbereichen einer Sprachgemeinschaft Anwendung finden. Die Sprachgeschichte sollte daher überprüfen, wann, wo und wie bestimmte Varietäten in be- stimmte funktionalen Domänen und Genera eingebracht wurden. Zumindest ebenso wichtig wie der Bereich der schönen Literatur ist hierbei jener der Admi- nistration und des gesamten öffentlichen Raumes. Von erheblichem Interesse sind fernerhin die verfügbaren persönlichen Aufzeichnungen und Korres- pondenzen von „Durchschnittsmenschen“ aus unterschiedlichen Regionen und sozialen Schichten. Selbst in einer Zeit, in der bereits umfangreiche literarische Werke in einer bestimmten Sprache geschrieben wurden, kann eine Bahnkarte, eine Banknote, eine Gebrauchsanweisung oder eine private Alltagsnotiz zu einem Dokument, von großem sprachgeschichtlichem Wert werden.27
– Die Standardsprache muss überregionale Geltung aufweisen. Auch die Sprachgeschichtsschreibung sollte den „nationalsprachlichen“ Raum nicht als eine von vorneherein gegebene Größe betrachten, sondern den unterschiedlichen Anteil der Regionen am Ausbau der Standardsprache ebenso beachten wie das Eindrin- gen der überregionalen Variante in diese Regionen bzw. dessen Scheitern. Zu fra- gen ist aber auch: Was bedeutet letztlich Überregionalität? Wie groß muss die Re- gion sein und wie einheitlich die Überbrückung wie großer dialektaler Unter- schiede, damit von überregionaler Überdachung gesprochen werden kann?
– Die Standardsprache muss stilistisch differenziert sein. Fragen der stilistischen Differenzierung, die aufgrund des weiterhin weitgehend unscharfen, ganz unterschiedlich aufgefassten Stilbegriffs von vorneherein problematisch sind, sollten sicherlich nicht auf die Domäne der schönen Literatur oder auf die sprachliche Ebene der Lexik reduziert werden. Sämtliche Bewertungen müssen von einem Bemühen um das Verständnis der historischen Verhältnisse geprägt sein und dür- fen nicht aus dem Blickwinkel der Gegenwart allein erfolgen.
Stärker als bisher wird eine zeitgemäße ukrainistische Sprachhistoriographie fernerhin wahrnehmen, dass Sprachen nicht nur unter bestimmten ideengeschichtlichen, sondern auch unter bestimmten historischen administrativen und institutionellen Rah- menbedingungen entwickelt wurden und werden. Sie wird sich von Ansätzen der Sprachplanung (language planning)28 oder des Sprachmanagements (language manage- ment)29 inspirieren lassen und darüber hinausgehende methodische Ansätze zur Un- tersuchung der Vitalität von aktuell bedrohten Sprachen nützen, da – mutatis mutan- dis – im Wesentlichen dieselben Faktoren, die für die Revitalisierung bedrohter Spra- chen der Gegenwart ausschlaggebend sein können, für die Etablierung der Vitalität von modernen Standardsprachen entscheidend waren. Demographische Faktoren sind also ebenso miteinzubeziehen wie Faktoren der institutionellen Unterstützung und Kontrolle in Bereichen wie der Bildung und der Verwaltung, des Militärs, der Religion, der Wirtschaft, der Medien oder des Vereinwesens. Zu berücksichtigen sind fernerhin Faktoren des Status, sowohl des Status der Sprachgemeinschaften als auch des Status der Sprachen selbst.30 Dass eine historische Soziolinguistik, die sich an sol- chen Leitlinien orientiert,31 den derzeit viel zu schwach ausgeprägten Dialog mit der Geschichtswissenschaft wiederbeleben wird, liegt in der Natur der Sache. Eine Ver- bindung der Früchte dieses Dialogs mit einer möglichst profunden Kenntnis der schriftlichen und mündlichen Textquellen sowie ihrer außer- und innersprachlichen Grundlagen wird ein neues, überzeugenderes Bild von der ukrainischen Sprach- geschichte zum Ergebnis haben und somit auch den Prozess der ukrainischen Nati- onsbildung in einem noch klareren Licht als bisher erscheinen lassen.
Weiterführende Literatur
VASYL’ ČAPLENKO Istorija ukrajins’koji literaturnoji movy (XVII st. – 1933). New York
1970.
Kurs istoriji ukrajins’koji literaturnoji movy. Band I, IVAN K. BILODID (Hg.) Kyjiv 1958. M. MOZER [Moser] Pryčynky do istoriji ukrajins’koji movy. Charkiv 2008 (2. Aufl. 2009). VITALIJ RUSANIVS’KYJ Istorija ukrajins’koji literaturnoji movy. Kyjiv 2001.
1 BENEDICT ANDERSON Imagined Communities. New edition. London, New York 2006.
2 Siehe dazu u. a. ANJA STUKENBROCK Sprachnation/Sprachnationalismus als Gegenstand linguistischer Diskursanalyse, in: INGO H. WARNKE (Hg.) Diskurslinguistik nach Foucault. Theorie und Gegenstände. Berlin 2007, S. 213–246.
3 VITALIJ RUSANIVS’KYJ Istorija ukrajins’koji literaturnoji movy. Kyjiv 2001.
4 V. a. VASYL’ ČAPLENKO Istorija ukrajins’koji literaturnoji movy (XVII st. – 1933). N’ju Jork 1970. Teilweise gilt dies sogar für die Werke des vor wenigen Jahren verstorbenen führenden ukrainistischen Sprachwissenschafters Jurij Ševel’ov, zumindest, sofern es um das 19. Jahrhundert geht. Deutlich stärker entspricht dem hier entworfenen Ideal GEORGE Y. SHEVELOV (JURIJ ŠEVEL’OV) The Ukrainian Language in the First Half of the Twentieth Century (1900-1941): Its State and Status. Cambridge, Mass. 1989.
5 Der bedeutend umfangreichere sowjetische KURS istoriji ukrajins’koji literaturnoji movy (Band I, IVAN K. BILODID (Hg.), Kyjiv 1958.) setzt sich ebenfalls ganz vorwiegend aus Abschnitten mit Überschriften wie „Sprache der Werke I. Kotljarevs’kyjs“, „Sprache der Werke H. Kvitka-Osnov”janenkos“ zusammen; man findet umfangreiche Kapitel über die Sprache z. T. wenig bedeutender Schriftsteller der zweiten Hälfte des 19. und des beginnenden 19. Jahrhunderts. Die von Zinovija Franko (der Enkelin Ivan Frankos) geschriebenen Abschnitte über die Entwicklungen in Galizien heben sich von übrigen Teilen positiv ab, indem vergleichsweise viel vom Wissensstand der Vorkriegszeit tradiert wird.
6 RUSANIVS’KYJ Istorija, S. 146-169.
7 Als Abstrakta werden Einheiten des Grundwortschatzes wie veselist’, vira, nauka u. a. isoliert (S. 165).
8 Im sowjetischen KURS 1958 (S. 194–210) wiederum werden die „russisch-ukrainischen literarischsprachlichen Verbindungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (bis 1861)“ ausschließlich in den sowjetischen Blick genommen 9 Ein Almanach, der im Jahr 1837 von der so genannten „Ruthenischen Triade“, den galizischen Er- neuerern Markijan Šaškevyč, Ivan Vahylevyč und Jakiv Holovac’kyj herausgegeben wurde. Die Be- deutung dieses schmalen Büchleins wird im Diskurs über die Sprachgeschichte Galiziens traditionell überakzentuiert.
10 Sicherlich weicht deren Objektsprache verhältnismäßig weit von der modernen ukrainischen Standardsprache ab, doch eine weniger teleologisch ausgerichtete Sprachhistoriographie hätte daraus andere Konsequenzen zu ziehen.
11 Vgl. hierzu Michael MOSER „Jazyčije“ – ein Pseudoterminus der sprachwissenschaftlichen Ukrainistik. Studia Slavica Hungarica 49 (2004), 1-2, S. 121–147.
12 Der Kurs 1958 (S. 265–266) setzt politisierende Akzente und betont, dass sich das Ukrainische in der Dniproukraine dank „gesellschaftlicher Kräfte der russischen und ukrainischen revolutionären Demokraten und anderer progressiver Aktivisten“ entwickelt habe. In den aufgrund der Politik „der herrschenden österreichisch-ungarischen Kreise“ rückständigen westukrainischen Ländern hätten sich solche Kräfte erst später gebildet.
13 RUSANIVS’KYJ Istorija, S. 170-220.
14 Vgl. hierzu MICHAEL MOSER Taras Ševčenko und die moderne ukrainische Schriftsprache. Versuch einer Würdigung. München 2008.
15 MYCHAJLO ŽOVTOBRJUCH Mova ukrajins’koji presy (do seredyny dev”janostych rokiv XIX st.) Kyjiv 1963, S. 122), einer der führenden Sprachhistoriker aus der sowjetischen Periode, schreibt zusammenfassend, dass die ukrainischsprachige Publizistik in den Almanachen der 1830er und 1840er Jahre noch „sehr schwach vertreten“ gewesen sei.
16 Im KURS 1958 (S. 271–274) ist die Besprechung der Osnova hingegen besonders stark ideologisch aufgeladen.
17 RUSANIVS’KYJ Istorija, S. 221-253.
18 Im KURS 1958 (S. 264) liest man hingegen von der „besonderen Unterdrückung und Diskriminierung“ des Ukrainischen in Österreich-Ungarn. Der Entwicklung des Ukrainischen hätten außerdem die „bourgeoisen Nationalisten“ [!!!] geschadet, die sich bemüht hätten, das Ukrainische „einer rus- tikalen Primitivierung und Abgrenzung vom Russischen zuzuführen“.
19 Die narodovci“ (Volkstümler) gingen von der Einheit des ukrainischen Volkes und – im Gegensatz zu den so genannten „Russophilen“ – von seiner grundsätzlichen Verschiedenheit vom russischen Volk aus. Sie setzten sich im Rahmen einer zweiten galizischen Erneuerungsbewegung für die Verwendung einer Schriftsprache auf volkssprachlicher Grundlage ein. Anders als ihre Vorgänger des Vormärz lehnten sie sich sprachlich stark an Vorbilder aus der russisch beherrschten Ukraine an.
20 Die Titelangaben sind jedoch fast ausnahmslos fehlerhaft. Im Fall der bis in das 20. Jahrhundert im Manuskript verbliebenen Grammatik von Ivan Mohyl’nyc’kyj kann nicht von einer „Ausgabe“ die Rede sein, und die Grammatik von Josyf Lozyns’kyj wurde nicht im Jahr 1840, sondern im Jahr 1846 veröffentlicht (S. 207–208). Ungenannt bleibt u. a. die Grammatik von Ivan Vahylevyč aus dem Jahr 1849. Der gesamte Absatz wird mit der Bemerkung eingeleitet, dass in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Westukraine noch die „slavenoruthenische Literatursprache mit dem Zusatz einiger lokalen Besonderheiten“ im Gebrauch gestanden sei (S. 227). Nur ein Teil der galizi- schen Grammatiken kann jedoch unter diesem Blickwinkel betrachtet werden.
21 Auch auf die Rolle des von IVAN FRANKO und MYCHAJLO HRUŠEVS’KYJ herausgegebenen Literaturno-naukovyj visnyk wird hingewiesen.
22 Ivan Puljuj aber, der Kuliš bei der Bibelübersetzung sehr wichtige Unterstützung leistete, wird mit einer falschen Namensform (Poljuj) sowie ohne Hinweis auf sein Galiziertum genannt (S. 233–234).
23 Іn einem einzigen Satz wird außerdem Jurij Fed’kovyč als ein westukrainischer Autor, „der auf den Positionen Taras Ševčenkos stand“, erwähnt (S. 242).
24 RUSANIVS’KYJ Istorija, S. 254-289.
25 Im sowjetischen KURS 1958 (S. 301–310) findet man noch einen Abschnitt mit dem Titel „Sprache des wissenschaftlichen und publizistischen Stils“ vor, der jedoch nur ansatzweise über die allzu typische Klassenkampfrhetorik der Zeit hinausgeht.
26 Zu einer Diskussion der Prager Ansätze vgl. IVA NEBESKÁ Jazyk. Norma. Spisovnost. Praha 1996/1999.
27 Wünschenswert ist also eine Erweiterung der Perspektiven im Sinn einer „Sprachgeschichte von unten“ (vgl. STEPHAN ELSPAß Sprachgeschichte von unten. Untersuchungen zum geschriebenen
Alltagsdeutsch im 19. Jahrhundert. Tübingen 2005).
28 ROBERT L. COOPER Language Planning and Social Change. New York 1989.
29 Vgl. JIŘÍ NEKVAPIL On the Relationship between Small and Large Slavic languages, in: ROLAND MARTI, JIŘÍ NEKVAPIL (Hg.) Small and Large Slavic Languages in Contact. Berlin, New York 2007, (= International Journal of the Sociology of Language 183), S. 141–160.
30 Vgl. etwa RICHARD Y. BOURHIS, R. LANDRY Group Vitality, Cultural Autonomy and the Wellness of Language Minorities, in: BOURHIS, R.Y. (Hg.) The Vitality of the English-Speaking Communities of Quebec: From Community Decline to Revival. Montreal. Quebec 2008, S. 185–211.
31 Alternative Zugänge zur ukrainischen Sprachgeschichte finden sich in mehreren Einzelstudien unterschiedlicher Autoren, zum Teil auch in meinen eigenen Arbeiten (vgl. u. a. die Aufsatzsammlung M. MOZER [Moser] Pryčynky do istoriji ukrajins’koji movy. Charkiv 2008 (2. Aufl. 2009). In diesem Beitrag wurden jedoch, wie erwähnt, nur die synthetischen monographischen Darstellungen in Buchform in den engeren Blick genommen.